Unser Stern des Monats: Friedrich Simon Archenhold

In unserem Blog stellen wir euch jeden Monat eine Persönlichkeit vor, die sich den Rätseln des Universums stellt oder gestellt hat, und uns so die geheimnisvollen Weiten des Kosmos ein Stück näherbringt. Als Gründer und Namenspatron unserer Sternwarte im Treptower Park, gebührt die Vorstellung in diesem Monat dem Astronomen Friedrich Simon Archenhold.

Geboren 1861 in Lichtenau (Westfalen), widmete sich der spätere Gründungsdirektor der Sternwarte nach seinem Studium der Astronomie in Berlin und Straßburg ganz und gar der Erforschung unbekannter Himmelsphänomene. Wenn sein Ziel auch nicht unüblich war, so war es doch die Methode: Im Auftrag von Wilhelm Foerster hoffte Archenhold mittels der Himmelsfotografie, die Eigenständigkeit eines ausgedehnten Nebels nahe des Sterns ξ-Persei (gelegen im Sternbild Perseus), zu belegen. Doch alle Versuche, dass sehr lichtschwache Objekt mit den vorhandenen technischen Mitteln für das Auge sichtbar zu machen, scheiterten – es musste ein größeres, viel größeres Teleskop her!

Um Findigkeit nicht verlegen, schaffte Archenhold es, private Fördermittel für ein neues, in Deutschland noch nie da gewesenes Beobachtungsinstrument zu beschaffen. Zunächst provisorisch für die große Berliner Gewerbeausstellung 1896 aufgebaut, wurde das Riesenfernrohr mit 21 Meter Brennweite schnell zur Hauptattraktion. Der Plan eines anschließenden Abbaus und einer Umsiedlung zur fotografischen Außenstelle im Grunewald scheiterte aus Kostengründen, sodass das 130 Tonnen schwere Fernrohr auch heute noch fest im Herzen des Treptower Parks verankert ist.

Als ehemaliger Schüler Wilhelm Foersters und nun erster Direktor der Sternwarte, setzte sich Friedrich Simon Archenhold für die Popularisierung der Naturwissenschaften und die öffentliche Volksbildung ein. Stets offen für alle technischen Neuerungen, vermittelte er erstmalig naturwissenschaftliches Wissen auch durch das Medium Film in der Sternwarte. Bald konnte der provisorische Holzbau, der das imposante Linsenfernrohr umgab, den zunehmenden Besucherandrang nicht mehr fassen und machte – finanziert durch den amerikanischen Milliardär und Mäzen Andrew Carnegie – dem heutigen Gebäude samt Vortragsräumen, Himmelskundlichem Museum und Bibliothek, Platz.

Archenhold war, dank ausgedehnter Studien- und Beobachtungsreisen um die ganze Welt, aktives Mitglied im Zirkel der internationalen Astronomen und Astrophysiker. Es ist seiner Hingabe zur Astronomie und Wissensvermittlung zu verdanken, dass sich die Sternwarte als Zentrum der öffentlichen Bildung etablierte und er bedeutende Wissenschaftler wie Roald Amundsen, Fridtjof Nansen, Percival Lowell, Alfred Wegener und nicht zuletzt Albert Einstein für Vorträge an der Sternwarte gewinnen konnte.

Als Abkomme einer jüdischen Familie und überzeugter Pazifist sah Archenhold seine Familie und sich nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten zunehmenden Repressionen ausgesetzt. Sein Sohn Günter, der 1931 die Leitung der Sternwarte vom Vater übernommen hatte, musste seinen Posten aufgeben und wurde im Zuge der Novemberpogrome 1938 in das KZ Sachsenhausen verschleppt. Nachdem es ihm gelang, seine Entlassung zu bewirken, emigrierte der Sohn nach England. Friedrich Simon Archenhold selbst blieb in Berlin, wo er am 14. Oktober 1939 verstarb. Seine Frau Alice und Tochter Hilde wurden 1941 in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert und ermordet.  

Seit 1946 trägt die Treptower Sternwarte den Namen ihres Gründers.

Laura Grotjohann | 07.05.2020
Friedrich Simon Archenhold am Riesenfernrohr (1931) © Bundesarchiv, Bild 102-00179 / CC-BY-SA 3.0
Friedrich Simon Archenhold am Riesenfernrohr (1931) © Bundesarchiv, Bild 102-00179 / CC-BY-SA 3.0
Filmaufnahmen des Riesenfernrohrs und des Gründungsdirektors Friedrich Simon Archenhold aus dem Jahr 1931 von British Pathé