Unser Stern des Monats: Wilhelm Foerster

Er ist einer der unbekannten Persönlichkeiten Berlins, obwohl er nicht nur in astronomischen Kreisen viel bewegte: Der deutsche Astronom und Direktor der ersten Sternwarte Berlins setzte sich mit großem Engagement für die Vernetzung astronomischer Bildungseinrichtungen in ganz Deutschland und die Volksbildung in Berlin ein. Warum wir wegen des Namenspatrons der Sternwarte auf dem Insulaner heute außerdem in Metern messen – all das verraten wir euch in dieser kurzen Biografie.

Wilhelm Julius Foerster, 1832 in Grünberg in Schlesien geboren, begeisterte sich für die verschiedensten Themenbereiche. Als junger Student ergänzte er seine Studien der Mathematik und Physik an der Universität Bonn mit Inhalten der Kunstgeschichte. Seine größte Leidenschaft allerdings galt der Astronomie und so kam es nicht von ungefähr, dass er kurz darauf als Assistent des damaligen Direktors Johann Franz Encke an der Berliner Sternwarte zu arbeiten begann. Als Encke verstarb, übernahm Foerster, der in der Zwischenzeit zum ordentlichen Professor an die Berliner Humboldt-Universität berufen worden war, das Amt des Direktors und machte sich sofort an die Modernisierung des Instrumentariums.

Foerster wollte die Messgeräte der Sternwarte stetig verbessern. Er erstellte eine genaue Gradmessung (Längen- und Breitengrade) und überwachte den Erdmagnetismus. Außerdem organisierte er den Zeitdienst neu und rüstete die Uhr der Sternwarte mit elektronischen Kontakten aus, die daraufhin genaue Zeitsignale an die Berliner Zentraltelegrafenstation sandte. Neben der technischen Erneuerung der Sternwarte forschte der begeisterte Astronom ruhelos weiter an unbekannten Himmelsphänomenen und leistete unter anderem einen entscheidenden Beitrag zur Erforschung des damals neuen Phänomens der sogenannten »Leuchtenden Nachtwolken«.

Abseits seiner Tätigkeiten in Berlin stieß Foerster die verschiedensten Projekte an. Die Gründung des Astronomischen Recheninstituts (das auch heute noch in Heidelberg existiert), der Sternwarte Straßburg, der Technisch-Physikalischen Reichsanstalt und die Durchführung der Venus-Expeditionen 1874 und 1882 waren zu einem beachtlichen Teil ihm zu verdanken. 1871 wurde er zum Direktor der obersten Eichbehörde des Deutschen Reichs ernannt und trat als Vertreter Deutschlands beim Internationalen Komitee der Meterkonvention nachhaltig in Erscheinung. Er verhinderte das Scheitern der Einführung eines weltweit einheitlichen metrischen Systems. Somit messen wir – nicht zuletzt dank seines umsichtigen Verhandlungsgeschicks – seit 1875 in Metern.

Trotz internationaler wissenschaftlicher Zusammenarbeit und akademischer Forschungsprojekte wollte Foerster vor allem den »Normalbürger« für astronomisches Wissen begeistern und zu eigenen amateurastronomischen Tätigkeiten ermuntern. Zusammen mit Werner von Siemens und Max Wilhelm Meyer gründete er deswegen 1888 die astronomische Gesellschaft Urania. Sein Vorbild waren die Kosmos-Vorträge Alexander von Humboldts, dessen Schüler er selbst einst gewesen war. Die vom ihm gegründete Urania-Volkssternwarte in der Invalidenstraße – übrigens die erste ausdrückliche »Volkssternwarte der Welt« – wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Gerettet werden konnte lediglich der »Bamberg-Refraktor«, ein von Carl Bamberg 1889 gebautes 12-Zoll-Linsenteleskop, das 1942 zunächst in die provisorisch errichtete alte Wilhelm-Foerster-Sternwarte in der General-Pape-Straße (nahe dem heutigen S-Bahnhof Südkreuz) und schließlich zur heutigen Wilhelm-Foerster-Sternwarte auf dem Insulaner umzog. Die Sternwarte, dessen Neubau 1963 im geteilten Berlin auf dem Trümmerberg »Insulaner« errichtet wurde, verdankt ihren Namen Richard Sommer – dem damaligen Direktor des ersten Berliner Planetariums am Zoologischen Garten (im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und nach dem Krieg abgerissen) und begeisterten Schüler Wilhelm Foersters. Ganz im Sinne Wilhelm Foersters und seiner Idee können dort auch heute noch Besucher*innen den Himmel über Berlin entdecken.

Wilhelm Foerster verstarb 1921 in Bornim nahe Potsdam.

Quellen:

Laura Grotjohann | 03.07.2020
Wilhelm Foerster © Archiv WFS (gemeinfrei)
Wilhelm Foerster © Archiv WFS (gemeinfrei)
Die Wilhelm-Foerster-Sternwarte auf dem Trümmerberg Insulaner. © SPB / Foto: Natalie Toczek
Die Wilhelm-Foerster-Sternwarte auf dem Trümmerberg Insulaner. © SPB / Foto: Natalie Toczek