Unser Stern des Monats: Katherine Johnson

»Ich habe schon immer alles gezählt«

Von frühen Kindheitstagen an konnte Katherine einfach nicht genug bekommen von Zahlen – sie zählte ihre Schritte, die Stufen zum Kircheingang und die Teller, wenn sie abwusch. Geboren 1918 in dem kleinen Städtchen White Sulphur Springs, als Tochter einer Lehrerin und eines Farmers, gab es für die kleine Katherine nichts Schöneres als die Mathematik.

Schon bald reichten die Bücher zur einfachen Algebra und Geometrie nicht mehr aus. Vier Jahre jünger als ihre Mitschülerinnen, begann Katherine mit 10 Jahren als Freshman an der Highschool, mit 14 Jahren erhielt sie ein Stipendium für ein Mathematikstudium am College von West Virginia, welches sie bereits mit 18 Jahren mit Auszeichnung abschloss. Ein ungewöhnlicher Weg für eine außergewöhnliche Studentin: Als afroamerikanisches Mädchen hätte das Schulsystem in White Sulphur Springs 1928 eigentlich nur eine Schulbildung bis zur 8. Klasse für Katherine vorgesehen.

Nach ihrem Abschluss an der Universität 1937 entschloss sich Katherine als Lehrerin an einer öffentlichen Schule für afroamerikanische Schüler*innen zu arbeiten. Erst 16 Jahre später, nachdem für sie als Mutter von drei kleinen Mädchen die Möglichkeit eines postgradualen Studiums in weite Ferne gerückt schien, hörte sie von einem unüblichen Stellenangebot. Das Aeronautical Laboratory (Das Labor für Luftfahrt) im nahegelegenen Langley Research Center –  einer Forschungseinrichtung der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA – suchte unter anderem afroamerikanische Mathematikerinnen mit Lehrerfahrung.

Die NASA (National Aeronautics and Space Administration), damals noch NACA (National Advisory Committee for Aeronautics) genannt, begann aufgrund der Wehrpflicht für Männer während des zweiten Weltkriegs, ab 1940 vermehrt Mathematikerinnen einzustellen. Nach dem Krieg wurde diese Stellenausschreibung auch auf afroamerikanische Frauen ausgeweitet. Als sogenannte »Computer« waren sie für die langwierige und komplexe Auswertung unverarbeiteter Daten zuständig. Als Teil dieser, auch räumlich ausgegliederten, kleinen Gruppe begann Katherine 1953 für das Maneuver Loads Branch of the Flights Research Division (Manöverladungsabteilung der Sektion für Flugforschung) in Langley komplizierte Daten von Flugtests auszuwerten.

Katherines präzise Berechnungen von Flugbahnen schickten zuerst Alan Shepard, dann die Crew von Apollo 11 und Apollo 13 sicher durch den Weltraum – und sie bis in die engsten Kreise der Space Task Group (STG), NASA’s Kerngruppe der Weltraumforschung. Später veröffentlichte sie zusammen mit ihrem Kollegen Ted Skopinski als erste Frau ihrer Abteilung die theoretische Abhandlung Determination of Azimuth Angle at Burnout for Placing a Satellite over a Selected Earth Position (zu Deutsch: Bestimmung des Azimutalwinkels beim Brennschluss, um einen Satelliten über einer ausgewählten Position der Erde zu platzieren). Viele weitere wissenschaftliche Veröffentlichungen sollten bis zu ihrer Pensionierung 1986 folgen.

Als afroamerikanische Frau in einem von weißen Männern dominierten Beruf, musste Katherine sich ihren Platz härter erkämpfen als andere. Selbstbewusst forderte sie ihre Teilnahme an der Redaktionssitzung ihrer Abteilung ein, die bis dato nur Männern vorbehalten war. Sie selbst sagte: “I am as good as anybody, but no better“ („Ich bin genauso gut wie alle anderen, aber nicht besser“).[1] Katherine Johnson, unsere Persönlichkeit des Monats, griff nach den Sternen und bewies der Welt, dass Grenzen nur in den Köpfen von Menschen, nicht aber im Universum existieren.

Katherine Johnson erhielt 2015 von Präsident Barack Obama die Presidential Medal of Freedom. Sie verstarb am 24. Februar 2020 in Newport News, West Virginia.

Quelle: www.nasa.gov

[1] https://www.nasa.gov/

Laura Grotjohann | 04.09.2020
Katherine Johnson, 1966 (c) NASA
Katherine Johnson, 1966 (c) NASA
Katherine Johnson, 1980 (c) NASA
Katherine Johnson, 1980 (c) NASA
Katherine Johnson at the Katherine G. Johnson Computational Research Facility 2017 (c) NASA
Katherine Johnson at the Katherine G. Johnson Computational Research Facility 2017 (c) NASA