Unser Stern des Monats: Katherine Bouman
Die Hände ungläubig ans Gesicht gepresst, im Hintergrund an einer Tafel komplizierte Zeichnungen und ellenlange Zahlenkolonnen und, auf dem Rechner vor ihr, eine kleine Abbildung eines orange-leuchtenden Donut-ähnlichen Gebildes: Dieses Bild von Katie Bouman und dem ersten Foto eines Schwarzen Lochs ging einmal um die ganze Welt. Die heute 29-jährige Informatikerin ist seitdem ein Star in den sozialen Medien – zurecht wie wir finden, wenn auch ihr Ruhm kontrovers diskutiert wird.
Katherine Louise „Katie“ Bouman, geboren am 8. Mai 1989, wuchs im US-Bundesstaat Indiana auf und hörte zum ersten Mal vom Event Horizon Telescope im Abschlussjahr ihrer Highschool in West Lafayette. Dass sie später einmal Teil eines 200-köpfigen Teams von Wissenschaftler*innen sein würde, die Algorithmen entwickeln, um ein Schwarzes Loch irgendwo in der Galaxie M87 erstmalig abzulichten – das hätte Katie sich so damals bestimmt nicht vorstellen können.
Erst einmal ging Bouman nach ihrem Abschluss zur University of Michigan, um dort ihren Bachelor in Engineering abzuschließen. Ihre dann folgende Masterthesis »Estimating Material Properties of Fabric through the observation of Motion« im Fach Elektrotechnik am Massachusetts Institute of Technology (MIT) wurde mit dem Ernst Guillemin Award for best Masters Thesis ausgezeichnet. Bouman, deren Begeisterung für die komplexen Themengebiete bei Vorträgen so ansteckend ist, komplettierte ihre akademische Karriere mit dem Doktortitel in Elektrotechnik und Informatik 2018 am MIT.
Als Postdoc Fellow der Harvard University wird die Wissenschaftlerin schließlich Mitglied des Event-Horizon-Teams und darf an dem Versuch der Erstellung eines Bildes des Schwarzen Lochs mitwirken. Das ist so schwierig wie es klingt, denn um ein Bild des 55 Mio. Lichtjahre entfernten geheimnisvollen Phänomens zu erstellen, würde es ein Radioteleskop mit gewaltigen Ausmaßen benötigen. Das 30-köpfige Team von Forscher*innen konnte aber nur mit den Bildern von acht zusammengeschalteten Radioteleskopen arbeiten, die, als Puzzle zusammengelegt, ein fragmentarisches Bild des Schwarzen Lochs ergaben.
Mithilfe von vier verschiedenen Algorithmen wurden dann in Kleinstarbeit die unwahrscheinlicheren Bilder jeweils heraussortiert und das richtige Bild errechnet. Erst wenn alle vier Algorithmen das gleiche Bild bestätigen, wäre das erste Foto eines Schwarzen Lochs erwiesen. Boumans Team versuchte mit ihrem Algorithmus – dem Continuous High-resolution Image Reconstruction using Patch priors (kurz: CHIRP) – nicht zu vorschnellen Annahmen zu springen. Im Frühsommer 2018 dann der Erfolg – alle vier Algorithmen bestätigten das erste direkte Bild eines Schwarzen Lochs. Ungläubig schießt Bouman ein Foto von diesem Moment, das bei seiner Veröffentlichung ein Jahr später um die ganze Welt gehen sollte.
In rasender Geschwindigkeit wurde Katie Bouman daraufhin erst zur Ikone und alleinigen Entdeckerin des Fotos des Schwarzen Lochs stilisiert, gefolgt von einer Welle der Empörung und Frauenfeindlichkeit, die ihr Unkollegialität unterstellten. Dabei hatte Bouman bei jeder Gelegenheit uneingeschränkt betont, dass das Foto keine Einzelleistung ist, sondern vielmehr ein Teamerfolg wie er im Buche steht. Bouman bestätigt damit, gerade wegen der gesellschaftspolitischen Debatten, einen der wichtigsten Grundsätze der Forschung: Gemeinsam kann man Großes erreichen.
Heute ist Bouman Assistant Professor am California Institute of Technology und arbeitet weiter an innovativen Systemen für rechnerische bildgebende Verfahren.